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Woher weiß ich, wann ich aus dem Ego heraus handele
und wann ich meiner inneren Stimme folge?

 

Es gibt in meinem Leben immer wieder Phasen, in denen ich nicht mehr mit meiner inneren Kraft verbunden und nicht sicher bin, ob ich aus dem Ego heraus handele, oder ob etwas wirklich dran ist und gelebt werden möchte – meinem authentischen Ich entspringend.
Das kann mich teilweise ziemlich zermürben, denn es führt dazu, dass ich in eine Art Lähmung falle, und lieber gar nichts mehr mache – so kann ich wenigstens nichts „Falsches“ tun.
Das ist aber natürlich auf Dauer keine Lösung, zumal ich so keine Antwort darauf bekomme, wann ich denn nun aus dem Ego handele oder wie ich es schaffe, rein authentisch zu handeln und im Flow zu sein.
Natürlich habe ich kein Heilmittel und keinen wundersamen Trick, mit dem wir alle unser Ego jederzeit und für immer entlarven können. Es schleicht sich zu raffiniert ein, und es ist eine Lebensaufgabe, es nach und nach bewusster zu erkennen und loszulassen.
Dennoch möchte ich euch folgende Tipps mit auf den Weg geben:

 

Gestehe dir ein, dass du aus dem Ego handelst

Wenn wir nicht gerade erleuchtet auf die Welt kommen, was extrem selten der Fall ist, können wir es überhaupt nicht verhindern, auf unserem Weg viele viele Male aus unserem Ego heraus zu handeln. Das gehört zu unserem Lernprozess dazu. So gut wie alles ist Ego! Erlaube dir zunächst einmal, dass es passieren kann, dass du aus dem Ego handelst. Niemand ist perfekt. Das ist sogar wichtig, um letzten Endes den Unterschied bemerken zu können. Wer sich selber für seine Taten verurteilt, hat nichts gewonnen, und steht sich selber dabei im Weg, sich für die Liebe zu öffnen.
Dir einzugestehen, dass du aus dem Ego handelst, ist der allererste Schritt, und dazu noch ein sehr wichtiger. Es hat nämlich auch mit Selbstliebe und Selbstannahme zu tun, und kann soweit geführt werden, dass du alle deine Schwächen und vermeintlich negativen Eigenschaften an dir annimmst und dir dafür selber vergeben kannst.

 

Alleine schaffst du es nicht

Im Zusammensein mit aufmerksamen Anderen kann sich unser Ego nur sehr schwer tarnen. Wir brauchen Menschen, die uns spiegeln, ganz rigoros. Das ist nicht immer einfach und schön, wenn es ans Eingemachte geht und man seine Schwächen, oder Momente in denen man unachtsam war, gezeigt bekommt. Aber es ist notwendig, um unsere sogenannten „Schatten“ zu erkennen; Persönlichkeitsanteile, die uns selber nicht bewusst sind und die zu unserem Ego gehören.
Alleine können wir uns ganz wunderbar selbst „verarschen“ und uns immer wieder rausziehen, wenn es unserem Ego zu ungemütlich wird. Das Ego ist ein Meister darin, sich in jeder unachtsamen Sekunde raffiniert einzuschleichen und das selbst wenn du am aller wenigsten damit rechnest. Die meiste Zeit wirst du es nicht einmal bemerken und möglicherweise sogar für deine innere Stimme halten.
Ist da jedoch jemand, dem sein eigenes und dein Wachstum am Herzen liegt, der achtsam ist und authentisch mit dir kommuniziert, kann dein Ego in der Situation sofort entlarvt und dadurch bestenfalls auch von dir selbst erkannt werden.

Andere können in der Regel sehr viel schneller spüren, wenn etwas an dir gerade nicht stimmig ist. Wenn sie das dann auch noch klar äußern können ist es an dir, die Kritik mit einer offenen Haltung anzunehmen, also erstmal davon auszugehen, dass sich niemand komplett irren kann und etwas an dem dran sein könnte, was der Andere dir sagt, selbst wenn es dir noch so absurd vorkommt und du es nicht sehen kannst (unsere sogenannten „Schatten“ sind uns eben tatsächlich nicht bewusst!). Wichtig für so eine offene Haltung ist natürlich Vertrauen. Ohne Vertrauen wirst du sehr wahrscheinlich an dem zweifeln was dir der Andere sagt und die Kritik abwehren.
Ein guter Umgang mit der neu gewonnenen Sichtweise auf Teile in dir wäre, damit zu Anderen zu gehen und zu fragen, ob ihnen solche Tendenzen an dir auch schon aufgefallen sind. Wird es größtenteils bejaht, kannst du dir vollends sicher sein, dass es sich um einen Schatten von dir handelt.

 

Spirituelle Gemeinschaften

Da der Spiegel durch andere Menschen so wichtig ist, befürworten manche Menschen ein Leben in spirituellen Gemeinschaften.
Eine spirituelle Gemeinschaft hat nicht viel mit einer herkömmlichen WG zu tun. Der Fokus liegt dort wirklich auf dem gemeinsamen Wachsen und hartnäckigem Spiegeln. Die Basis des Ganzen bildet die gemeinsame spirituelle Praxis – tägliche gemeinsame Meditation und Yoga Übungen, regelmäßiger Austausch und Persönlichkeitsarbeit.

 

Du kannst dir sicher sein, dass es dein Ego ist, wenn du…

…dich über Andere ärgerst (auch Projektion genannt).
…etwas WILLST oder etwas nicht willst.
…Widerstände spürst.
…dich für grandios hältst, aber Andere sich vermehrt über dich beschweren.

Du kannst dir ziemlich sicher sein, dass es NICHT dein Ego ist, wenn du…

…dich im Zustand des Flow befindest, wo du spürst, dass nicht du der Handelnde bist, sondern scheinbar durch dich gehandelt wird.
…dich im beobachtenden Bewusstsein aufhälst, wo du dich weder mit deinem Körper, noch mit deinen Gedanken, Emotionen, Handlungen, etc. identifizierst.
…selbstlos handelst, ohne dafür etwas zurückhaben zu wollen.
…eine radikale Offenheit und Liebe spürst, und nichts willst.

 

Das Ego aufbauen…

 

In einer Zeit, in der wir vor allem damit beschäftigt sind uns selbst zu finden und Workshops über Workshops besuchen, in denen wir unsere Kindheit aufarbeiten, uns mit unserer inneren Kraft verbinden oder uns generell emanzipieren, passiert es (leider) auch sehr schnell, dass wir nur noch auf uns selber hören.
„Lass dir nichts sagen“, „höre auf deine innere Stimme“, „du weißt am besten, was gut für dich ist“ sind auf der einen Seite gut und wichtig, auf der anderen Seite aber eine bunte Spielwiese für dein Ego. Denn das will sich wirklich einfach von niemandem etwas sagen lassen!
Um sein Ego aufgeben zu können, muss zunächst einmal überhaupt ein gesundes Ego aufgebaut werden. Deshalb kann es durchaus im Leben Zeiten geben, in denen es ganz gut und wichtig ist, sein eigenes Selbstbewusstsein erst einmal aufzubauen und sich nur um sich selber zu kümmern. Fast alle Therapie-Formen unterstützen den gesunden Aufbau des Ego.

 

…und Loslassen

 

Es wird aber bei jedem früher oder später der Punkt kommen, an dem es wichtig ist, abzuspringen, und das, was man da aufgebaut hat, wieder loszulassen.
Da es bei diesem Prozess extrem viel weniger Unterstützung zu finden gibt, als für den Aufbau des Ego, scheint das gar nicht so leicht. Nur wenige sind diesen Weg bisher gegangen, weil viele Menschen bei dem Aufbau ihres Egos stehen bleiben und kein Interesse daran haben, es wieder loszulassen – oder scheinbar auch gar nicht wissen, dass sie noch längst nicht am Ende ihres Wachstumsprozesses angelangt sind.
Den Weg alleine zu gehen, ist so gut wie unmöglich. Wir brauchen den Kontakt zu Anderen, die bereits weiter gegangen sind und uns den Weg zeigen können. Und wer aufrichtig danach sucht, wird definitiv fündig.

Wer noch mehr zum Thema Ego wissen möchte, kann sich hier schlau lesen
 

„Das Ego ist nichts Schlechtes. Es ist notwendig. Das einzige Problem ist, dass unsere Kultur behauptet, es gäbe nichts anderes.“ Richard Rohr