Wenn ich vor ein paar Jahren gefragt wurde, was meiner Meinung nach nach dem Tod passiert, antwortete ich: „Nichts.“
Ich glaubte daran, dass ich mit meinem Tod einfach weg sein würde, wie in einem Schlaf ohne Traum. Alles um mich herum schwarz. Keine weitere Existenz.
In den letzten 5 Jahren hat sich meine Einstellung dazu geändert. Ich habe andere Sichtweisen gehört, mich mit Nahtod-Erlebnissen beschäftigt, wurde öfter mit dem Tod konfrontiert und habe durch Meditation und Yoga ein ganz anderes Verständnis von der eigenen Identität bekommen.
Yoga ist das zur Ruhe kommen des Geistes.
Das sagt Patanjali im Yoga Sutra 1.2.
Im Grunde geht es darum, seine wahre Identität zu erkennen, womit die Erkenntnis einhergeht, dass ich weder mein Körper, noch meine Gedanken und Emotionen bin. Ich bin das, was all das wahrnimmt.
Die meiste Zeit halten wir uns jedoch für das alles. Wir halten uns für unseren Körper, weil wir uns in ihm bewegen und ausdrücken können, wir schmücken ihn, identifizieren uns mit ihm und manchmal schämen wir uns für ihn.
Genauso identifizieren wir uns mit unseren Emotionen. Wenn wir wütend sind, sind wir die Wut und handeln vielleicht aggressiv. Haben wir Angst, sind wir diese Angst.
Es ist jedoch auch möglich, diese Emotionen aus einer beobachtenden Perspektive wahrzunehmen. Das kann man mit bestimmten Meditationstechniken üben. Dann nehme ich vielleicht Wut in mir wahr, aber bin nicht diese Wut. Ich kann sie sattvig (klar und rein) äußern, ohne Schaden anzurichten. Ich kann Trauer fühlen, ohne gleich völlig aus der Bahn geworfen zu werden, weil ich nicht diese Trauer bin. Ich nehme sie einfach wahr, ohne dass sie an Intensität verliert und ohne sie zu unterdrücken. Es ist wie eine andere Sicht auf die Dinge.
Wenn mein Körper stirbt, und ich glaube dieser Körper zu sein, habe ich nicht nur ziemlich große Angst vor dem Tod und davor, alles zu verlieren was „ich bin“ und mir aufgebaut habe, ich bin dann zum Beispiel auch einfach weg. Zumindest glaube ich das, wenn ich diese Sicht habe.
Was passiert nun also, wenn mein Körper stirbt, ich aber weiß, dass ich gar nicht mein Körper bin?
Ich sterbe nicht. Ich verlasse lediglich meinen Körper und lebe weiter.
Der Körper ist in meinen Augen so etwas wie eine Hülle, die wir nutzen können und mit der wir agieren können, um das zu tun, was wir tun müssen und unser Karma auszugleichen. Ist die ‚Hülle‘ irgendwann alt, krank, zu stark verletzt, oder sind wir einfach in diesem Leben nicht mehr willig uns selber zu erkennen, verlassen wir sie und bekommen früher oder später vielleicht eine neue Chance in einem anderen Körper, so lange, bis wir erkannt haben, wer wir sind.
Das ist, was ich glaube, und gerne mit euch teilen möchte. Für mich macht es absolut Sinn und dennoch bin ich auch offen und gespannt auf eure Sichtweisen zu dem Thema. Schreibt gerne dazu in die Kommentare.
Der Umgang mit dem Tod fasziniert mich schon länger. Ich frage mich, wieso es dabei so große Unterschiede gibt.
In Indien bekam ich letzten Sommer eine Beerdigung mit und verglichen mit dem, was ich an deutschen Beerdigungen bisher kannte, war es eine riesen Party. Ein Umzug bunt angezogener Menschen zog durch die Straßen, es wurde getrommelt, getanzt und ich erinnere mich an sehr viele Blumenranken um den Sarg.
Gerade in manchen östlichen Traditionen wird der Tod eher gefeiert als betrauert.
Hier hingegen bekomme ich immer wieder das Gegenteil mit.
Der Tod ist etwas, über das wir keine Kontrolle haben.
Er passiert manchmal sehr plötzlich, unerwartet und scheinbar sehr ungerecht, und selbst wenn er absehbar ist, schmerzt er, für die Hinterbliebenen, denen die Person etwas bedeutet hat. Und er wird zwangsläufig jeden von uns erreichen.
Was glaube ich sehr wichtig ist, ist, den Tod zu akzeptieren, um es sich selber und dem Verstorbenen nicht schwerer zu machen, als es ist. Gedanken wie „Ich möchte diese Person zurück haben, all das darf nie passiert sein!“ sind nicht nur sehr belastend, sondern auch egoistisch.
Trotzdem darf man traurig sein! Eine geliebte Person nicht mehr physisch um sich zu haben ist ein extrem emotionales Erlebnis. Man darf darüber traurig sein, weinen und vermissen und gleichzeitig trotzdem loslassen und akzeptieren, dass man es nicht ändern kann. Stattdessen dankbar zu sein für alles, was man mit dieser Person erleben durfte, ist ein reifer Umgang mit der Situation.
Zum Umgang mit dem Tod im Hinduismus habe ich gelesen: „Der Tod bedeutet nicht Verzweiflung, sondern Befreiung, Übergang von einer alten in eine neue Existenz. Der Tod ist den Hindus vertraut, im alltäglichen Leben gegenwärtig. Trotzdem trauern sie.“
Die Oma meines Freundes ist vor ein paar Tagen gestorben.
Sie war 92 Jahre alt. Mein Freund und seine Geschwister waren mit ihren Eltern und der Oma gemeinsam in einem Haus aufgewachsen und standen ihr immer sehr nah.
Zwei Tage nach ihrem Tod durften wir uns im Bestattungsunternehmen von ihr verabschieden und sie noch einmal sehen. Es war total rührend für mich zu sehen, wie alle aus tiefstem Herzen weinten, weil sie traurig waren, dass die gemeinsame Zeit nun zu Ende war. Trotzdem lag ganz klar in der Luft, dass sie gehen darf und losgelassen wird.
Mein Freund sagte danach: „Es war schön, ihr nochmal zeigen zu können, wie wichtig sie für uns war.“
In den buddhistischen Traditionen heißt es, das die „Seele“ nach dem Tod den Körper verlässt und ihn noch etwa drei Tage lang umgibt. In dieser Zeit kann die verstorbene Person alles um sich herum noch mitbekommen, man kann ungeklärte Dinge noch ansprechen und der „Seele“ Liebe und Kraft mit auf den Weg schicken, damit sie es leichter hat, zu gehen.
Zur Unterstützung kenne ich zum Beispiel das „Mahamrityunjaya Mantra“ was auch „Tryambakam Mantra“ genannt wird. Es wird üblicherweise drei mal wiederholt und dann speziell an die Person gedacht und ihr die Energie und Liebe geschickt. Das Mantra kann man im Grunde immer wiederholen, wenn jemand Kraft braucht und man ihn unterstützen möchte, aber auch für die eigene Gesundheit.
Om tryambakam yajamahe
sugandhim pushtivardhanam
urvaa rukamiva bandhanaan
mritiyor mukshia maamritaat
Die Aussprache wird hier sehr gut von Sukadev erklärt.
Außerdem möchte ich euch noch zwei Buchempfehlungen zum Umgang mit dem Tod mit auf den Weg geben:
Besuche bei Sterbenden – Das Buch gibt Impulse, wie man am besten mit Sterbenden umgeht, wie man sie unterstützen kann und nimmt die eigene Angst vor dem Tod.
Mut und Gnade – Erzählt die Geschichte von Treya Wilber, die Brustkrebs diagnostiziert bekommt. Das Buch zeigt ihren eigenen Umgang mit der Situation und ihre dadurch angestoßene Entwicklung, anhand von berührenden Tagebucheinträgen. Textabschnitte ihres Mannes Ken Wilber geben einen Einblick in die Perspektive eines Pflegenden und wie er sie durch die Krankheit begleitet.