Im Hier und Jetzt zu leben ist das Beste, was man tun kann. Das fällt mir immer wieder auf, wenn ich mich daran erinnere. Probleme können in kürzester Zeit im Nichts verpuffen, wenn wir uns auf das konzentrieren, was gerade wirklich ist, den Körper spüren und einfach sind. Mehr braucht es nicht.
Was mir sehr gut hilft um meine Aufmerksamkeit auf das Jetzt zu richten und den Moment ganz zu fühlen, ist etwas, was mein Yogalehrer vor einiger Zeit erzählt hat.
Er sagte, man kann sich den Punkt, an dem unsere Aufmerksamkeit sitzt, wie eine Achse vorstellen, die mal hier, mal dort, durch die Gegend springt.
Wenn man am Computer sitzt, ist die Achse vielleicht in dem was man gerade liest oder sieht; wenn man draußen unterwegs ist ist sie bei den Menschen die man sieht, oder schon bei dem Ziel, was man ansteuert. Sie kann aber auch sonst wo auf der Welt sein, vielleicht bei einem Gespräch, was wir vor Tagen geführt haben, an einem Ort, wo wir mal waren, bei den Dingen, die heute noch zu tun sind, je nachdem woran wir gerade denken und wo wir unsere Aufmerksamkeit gerade hinlenken.
Diese Achse der Aufmerksamkeit tut die verrücktesten Dinge, nur ruht sie in der Regel nicht in uns. Und genau da sollte sie eigentlich sein. Da gehört sie hin. Das ist Präsenz.
Wir können lernen, im Gespräch mit anderen zu sein und die Achse trotzdem bei uns zu halten. Wir können an wichtige Dinge denken ohne den Fokus auf das Hier und Jetzt zu verlieren.
Was sich vielleicht im ersten Moment wie eine Einschränkung anhört, ist die größte Freiheit, die wir uns wünschen können.
Lies diesen Text und bleibe dabei mit voller Aufmerksamkeit bei dir, spüre deinen Körper, fühle deinen Atem, sei wachsam in diesem Moment. Was du liest verliert dabei nicht an Qualität, du nimmst es trotzdem aufmerksam war. Es ist viel eher so, dass der ganze Moment an immenser Qualität gewinnt. Genau darauf zielt spirituelle Praxis ab.
Anfangs ist es eine Übungssache, später läuft dieser Zustand immer fließender ab. Wenn wir es schaffen unsere Achse der Aufmerksamkeit über den Tag so gut es geht bei uns zu halten, werden sich Liebe und Offenheit ganz natürlich einstellen.
„Das Gebet lebt in reinen, offenen Augenblicken des „genau hier“, des „eben jetzt“. Das ist genug, es ist die Fülle. Was nicht genau hier und eben jetzt ist, existiert nicht. Wenn wir Gott nicht jetzt kennen, weshalb sollten wir ihn später kennen lernen? Wenn wir Gott jetzt nicht sehen, wären unsere Augen später bereit dazu? Die Mystiker sagen nein. Wir werden Gott nicht später erkennen, wenn wir ihn nicht jetzt erkennen. Es geht darum, Gott jetzt zu sehen – durch den Schatten und die Verkleidung hindurch.“ Richard Rohr